Bezirk Schwaben will Konzept zur Versorgungsstruktur von Menschen mit Hirnschädigung

16. Juli 2018: In Deutschland gibt es jedes Jahr einen Zuwachs von rund 800.000 Menschen, die durch einen Schlaganfall oder ein Schädel-Hirn-Trauma einen bleibenden Hirnschaden erleiden. Noch gibt es keine belastbaren Daten, doch rein rechnerisch bedeutet dies für den Bezirk Schwaben, dass auch hier jedes Jahr etwa 17.000 Personen davon betroffen sind.

„In Schwaben sind bereits unterschiedliche Einrichtungen der akutklinischen und nachklinischen Neurorehabilitation ansässig", so Stefan Dörle von der Sozialverwaltung des Bezirks, „die bestimmte Behandlungs- und Versorgungsphasen abdecken." Mit einer optimierten Vernetzung der vorhandenen Angebote, einer Stärkung der ambulanten Versorgung und der gezielten Unterstützung von Familien und Angehörigen, die die Betroffenen oftmals pflegen, könnte der Bezirk Schwaben durchaus zu einer Modellregion werden. Dörle beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Thematik, 2017 legte er dazu eine Masterarbeit über die „Optimierte nachklinische Versorgungsstruktur in der Begleitung von Menschen mit erworbener Hirnschädigung" vor.

„Durch den medizinischen Fortschritt können Menschen inzwischen beispielsweise auch nach schwersten Unfällen überleben", so der Inklusionsbeauftragte des Bezirks. Allerdings führt dies dazu, dass nicht nur die Zahl derer, die von einer Hirnschädigung betroffen sind, ansteigt, sondern auch die Anforderungen immer komplexer werden. Zudem weiß man inzwischen, dass sich Teile des Gehirns auch noch nach Jahren regenerieren können. Was bedeutet: „Selbst ein stark neurokognitiv oder motorisch eingeschränkter Patient kann mit entsprechender Förderung gewisse Fähigkeiten wieder zurückgewinnen", so Dörle. Viele der betroffenen Menschen werden zuhause betreut, was für das soziale Umfeld oftmals sehr belastend ist. Manche, selbst junge Menschen, kommen mangels Alternativen in ein Alten- und Pflegeheim. Angesichts der steigenden Zahlen brauche es kreative Lösungen, um sowohl die Betroffenen selbst als auch die Angehörigen zu unterstützen. Dörle ist sich sicher: „In Schwaben ist schon viel Potential da, aber es braucht noch Strukturen für die Menschen nach der medizinischen Rehabilitationsphase. In Einrichtungen der Geriatrie oder in Pflegeheimen sind diese eigentlich fehlversorgt, hier wären Kombinationen aus aufsuchender Pflege und Betreutem Wohnen denkbar."

Ein weiteres Arbeitsfeld ist die Thematik entsprechender Arbeitsangebote. Bislang gibt es innerhalb einer Werkstätte für Menschen mit einer erworbenen Hirnschädigung bei den Wertachtal-Werkstätten ein spezialisiertes Angebot in Schwaben. Mit entsprechender Förderung können Menschen aus diesem Personenkreis befähigt werden, wieder einen Einstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Für andere sind spezialisierte Angebote wichtig, weil auch sie in einer Werkstätte für Menschen mit einer geistigen Behinderung nicht adäquat gefördert werden können. „Vernetzung und ein entsprechendes Schnittstellenmanagement" sind für Stefan Dörle zwei der zentralen Instrumente.

Auch die schwäbische Politik hat den Handlungsbedarf erkannt: Im Sozial- und Psychiatrieausschuss erhielt Dörle den Auftrag, ein Konzept zur Versorgungsstruktur von Menschen mit Hirnschädigung in Schwaben zu erarbeiten.