Pflegebedarf, was nun?
Hilfe zur Pflege: Ein Ratgeber des Bezirks Schwaben
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Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wenn ältere Menschen pflegebedürftig werden, ist dies meist eine emotionale und schwierige Lebensphase. Nicht nur für die älteren Menschen selbst, sondern auch für deren Angehörige, die Ehepartner, die Kinder und die Enkel. Zusätzlich zu den Veränderungen, die dieser Lebensabschnitt mit sich bringt, stellen sich häufig auch komplexe rechtliche und finanzielle Fragen: Muss ich mein ganzes Erspartes, was ich in meinem Arbeitsleben erwirtschaftet habe, nun für die notwendige Pflege einsetzen? Muss ich meine Kinder finanziell belasten? Und kann ich das überhaupt, Hilfe zur Pflege beantragen?
Um Ihnen hier zu helfen und Orientierung zu geben, wurde diese Übersicht zum Thema entworfen. Wir können damit natürlich nicht alle denkbaren Fragen beantworten. Diese Übersicht kann kein Ersatz sein für die persönliche Beratung durch einen unserer Fachleute in der Sozialverwaltung: Denn jedes Schicksal ist individuell. Und allein wegen der Fülle der Rechtsnormen kann unser Ratgeber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Aber wir können Ihnen eine Orientierung geben und einen Leitfaden: Sie können sich so über die wichtigsten Rechtsgrundlagen informieren und über die Art der Pflege – ob zu Hause, in den eigenen vier Wänden oder in einem Heim – Gedanken machen. In beiden Fällen finden Sie die richtigen Ansprechpartner beim Bezirk Schwaben: Wir sind für die stationäre Hilfe zur Pflege ebenso zuständig wie seit 2018 auch für die Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege. So ist es für die betroffenen Menschen nun einfacher geworden, weil nur noch ein Ansprechpartner für sie zuständig ist, wenn finanzielle Unterstützung nötig wird.
Einfach ist das Thema natürlich für jeden, den es betrifft, keineswegs – aber scheuen Sie sich nicht, mit Ihren Fragen auf uns zuzukommen. Die zuständigen Mitarbeiter in der Sozialverwaltung des Bezirks in Augsburg und in der Außenstelle in Höchstädt helfen gerne weiter. Und das Team unserer Bürgersprechstunde ist regelmäßig in den schwäbischen Landkreisen und vielen Gemeinden für Beratungsgespräche vor Ort.
Ihr Bezirkstagspräsident Martin Sailer
Allgemeine Grundsätze
Die Sozialhilfe hat die umfassende Aufgabe, Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (§1 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII)). Dabei ist allerdings das Prinzip des Nachrangs, der Angemessenheit und der sparsamen Verwendung der Mittel zu beachten.
Sozialhilfe erhält nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen (z.B. Pflegekasse, Deutsche Rentenversicherung, Zentrum Bayern Familie und Soziales, Krankenkasse) oder von Dritten (z.B. vertraglich Verpflichtete, Beschenkte, Unterhaltspflichtige) erhält. Daraus ergibt sich, dass für die Gewährung von Sozialhilfe drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
- nicht ausreichendes Einkommen
- nicht ausreichendes Vermögen
- fehlende Unterhalts- und andere Ansprüche
Alleinstehende, die niemand anderen überwiegend unterhalten, haben bei Heimaufenthalt grundsätzlich ihr gesamtes Einkommen einzusetzen.
Zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse wird bei Heimunterbringung in der Regel ein Barbetrag (Taschengeld) gewährt.
Von Dritten (vertraglich Verpflichtete, Beschenkte, Unterhaltspflichtige) kann der Sozialhilfeträger maximal seinen eigenen Nettoaufwand (einmalig oder laufend) verlangen.
Die Sozialhilfe setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder einer von ihm beauftragten Stelle die Notlage bekannt wird. Sozialhilfe wird daher in der Regel nicht rückwirkend gewährt.
Die Sozialhilfeleistungen werden in Bayern von den Bezirken (überörtliche Träger der Sozialhilfe), den Landkreisen und kreisfreien Städten (örtliche Träger der Sozialhilfe) erbracht.
Die Bezirke sind grundsätzlich für alle ambulanten und stationären Hilfen zuständig, beispielsweise Pflegegeld, häusliche Pflegehilfen oder die Hilfe zur Pflege bei einem Heimaufenthalt.
Bei der ambulanten Hilfe zur Pflege wird die pflegebedürftige Person nicht in einem Heim, sondern in der häuslichen Umgebung versorgt.
Leistungen der ambulanten Pflege werden ergänzend zu den Leistungen der Pflegekasse erbracht, wenn die Kosten durch die Kassenleistungen nur teilweise abgedeckt werden.
Die Höhe der Leistung ist davon abhängig, welchen Pflegegrad die pflegebedürftige Person besitzt.
Folgende Leistungen kommen bei der ambulanten Pflege evtl. in Betracht:
- Leistungen der Hilfe zur Pflege (7. Kapitel SGB XII)
- Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII)
- Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII)
- Leistungen in sonstigen Lebenslagen (9. Kapitel SGB XII)
Bei der stationären Hilfe zur Pflege wird die Leistung für eine Heimunterbringung gewährt.
Die in einer Pflegeeinrichtung gewährten Sozialhilfeleistungen setzen sich in der Regel ebenfalls aus den drei Leistungsarten zusammen:
- Leistungen der Hilfe zur Pflege (7. Kapitel SGB XII)
- Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII)
- Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII)
oder
- Leistungen in sonstigen Lebenslagen (9. Kapitel SGB XII)
bei Altenheimunterbringung.
Dabei ist eigenes Einkommen zuerst zur Abdeckung der Grundsicherung und der Hilfe zum Lebensunterhalt einzusetzen.
Benötigt wird ein vollständig ausgefüllter und unterschriebener Formblattantrag. Daneben werden in der Regel folgende weitere Antragsunterlagen benötigt:
- Bescheid über Grundsicherungsleistungen (falls vorhanden)
- Rentenanpassungsmitteilungen aller Renten (inkl. Betriebsrenten)
- Kontoauszüge der Girokonten der letzten drei Monate (vollständig)
- Kopien aller Sparkonten und sonstiger Geldanlagen
- Kopie des Bestattungsvorsorgevertrages, falls abgeschlossen
- Bescheid der Pflegekasse
- Betreuungsausweis oder privatrechtliche Vollmacht (Vorsorgevollmacht, falls vorhanden)
- Schwerbehindertenausweis (falls vorhanden)
- notarielle Verträge (falls vorhanden)
- evtl. weitere Einkommens- und Vermögensnachweise
Im Formblattantrag erhalten Sie auch weitergehende Informationen über Ihre Ansprechpartner beim Bezirk sowie die allgemeinen Sprechzeiten.
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Einsatz von Einkommen und Vermögen
Nach den Prinzipien der Bedarfsdeckung und des Nachranges muss die Sozialhilfe erst dann leisten, wenn
- das eigene Einkommen nicht ausreicht bzw. das eigene Vermögen aufgebraucht ist und
- aus den sonstigen vorrangigen Ansprüchen ein ungedeckter Bedarf bleibt.
Der Begriff deckt sich nicht mit steuerrechtlichen Bestimmungen, er ist in §82 SGB XII und der dazu ergangenen Verordnung sozialhilfespezifisch definiert: Zum Einkommen im Sinne des SGB XII gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert.
Ausgenommen davon sind insbesondere:
- die Leistungen nach dem SGB XII
- die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG)
- die Leistungen der Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921
- die Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.
Vom Einkommen sind abzusetzen:
- auf das Einkommen zu entrichtende Steuern
- Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung
- angemessene Versicherungsbeiträge
- die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Alleinstehende, die einen Antrag auf Sozialhilfe stellen und die keine Unterhaltsverpflichtungen haben, müssen ihr gesamtes Einkommen im Sinne des SGB XII zur Deckung der Pflegekosten einsetzen. Bei Ehegatten und Lebenspartnern wird aus dem gemeinsamen Einkommen ein Kostenbeitrag errechnet.
Zur Verdeutlichung siehe die unten nachfolgenden Rechenbeispiele
- Vermögen ist das gesamte verwertbare Vermögen (§90 Abs. 1 SGB XII), z.B. Barvermögen, Spar- und Bausparverträge, Lebensversicherungen, Aktien, Immobilien und Sachwerte.
- In §90 Abs. 2 SGB XII sind Vermögensarten aufgezählt, die bei der Gewährung von Sozialhilfe unberücksichtigt bleiben (Schonvermögen).
Dies sind insbesondere:
- Ein „angemessenes Hausgrundstück“, das von der leistungsberechtigten Person oder ihrem Ehegatten und deren minderjährigen Kindern bewohnt wird.
- Kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bis zu 5.000,00 € bei Alleinstehenden bzw. bis
zu 10.000,00 € bei Verheirateten. - Bestattungsvorsorge- und Grabpflegeverträge bis zu 3.500,00 € bei Alleinstehenden, bzw. 7.000,00 € bei Ehepaaren (Bundesgerichtsurteil vom 18.03.2008)
- wenn ein Vertrag mit Bestattungsunternehmen besteht;
- dieser Vertrag zweckgebunden und unwiderruflich ist;
- der vereinbarte Geldbetrag an das Bestattungsunternehmen bzw. ein Treuhandkonto überwiesen wurde.
Ist Vermögen einzusetzen, aber die sofortige Verwertung nicht möglich oder wirtschaftlich nicht sinnvoll (Härte), so kann die Hilfe auch in Form eines rückzahlbaren Darlehens erbracht werden (§91 SGB XII). Das Darlehen ist abzusichern, z.B. durch Eintragung einer Grundschuld für den Sozialhilfeträger.
Verstirbt die leistungsberechtigte Person oder ihr Ehegatte, entfällt der Vermögensschutz. Soweit die Sozialhilfekosten und der Nachlass einen Betrag von derzeit 2.592,00 € übersteigen, sind die Erben zum Ersatz der Kosten aus dem Nachlass verpflichtet (§102 SGB XII).
Frau S., Jahrgang 1932, ist verwitwet. Sie erhält eine Witwenrente von 650,00 €. Frau S. hat Pflegegrad 4 und wird in einem Pflegeheim betreut. Der Eigenanteil im Pflegeheim beträgt monatlich 2.300,00 € (die jeweilige Leistung der Pflegekasse ist dabei bereits in Abzug gebracht). Ihr Sparvermögen muss sie bis auf einen Rest von 5.000,00 € aufbrauchen, bevor die Sozialhilfe einsetzt. Ihr Renteneinkommen hat Frau S. zur Deckung der Heimkosten voll einzusetzen.
Es ergibt sich folgende Berechnung:
- Leistungen der Grundsicherung: 166,00 €
- Regelbedarfsstufe 3: 345,00 €
- Miete fiktiv: + 471,00 €
- Abzüglich Renteneinkommen: – 650,00 €
- Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (Barbetrag): 116,64 €
- Bekleidungspauschale 20,00 €
- Leistungen der Hilfe zur Pflege (7. Kapitel SGB XII): 1.484,00 €
- 2.300,00 € Eigenanteil Pflegeheim
- abzüglich Miete fiktiv 471,00 €
- abzüglich Regelbedarf 345,00 €
Sozialhilfeleistungen insgesamt 1.786,64 €
Frau S. bleiben selbst die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt:
- Barbetrag (Taschengeld) 116,64 €
- Bekleidungspauschale 20,00 €
- Insgesamt 136,64 €
Frau S. wird demnach im Rahmen ihrer stationären Pflegeheimbetreuung Hilfe zur Pflege von monatlich 1.484,00 € sowie eine monatliche Grundsicherung von 166,00 € gewährt. Als Hilfe zum Lebensunterhalt erhält sie einen Barbetrag von monatlich 116,64 € und eine Pauschale für Bekleidung von monatlich 20,00 €.
Einzelanträge auf Bekleidungsbeihilfe können ab 01.01.2020 nicht mehr gestellt werden.
Herr A., Jahrgang 1935, befindet sich im Pflegeheim. Die Ehefrau wohnt weiterhin in einer Mietwohnung. Das Ehepaar verfügt über folgende Einkünfte: Altersrente Ehefrau 650,00 €, Altersrente Ehemann 900,00 €. Die Miete beträgt monatlich 650,00 €. Für eine Haftpflichtversicherung ist ein monatlicher Betrag von 10,00 € zu leisten. Der Eigenanteil im Pflegeheim beträgt monatlich 2.300,00 €. Die Ehegatten bilden nach den sozialhilferechtlichen Vorschriften, auch wenn ein Partner in einem Heim untergebracht ist, eine
Bedarfsgemeinschaft.
Es ergibt sich folgende Berechnung:
- Altersrente Ehefrau: 650,00 €
- Altersrente Ehemann: 900,00 €
- Gesamtes Einkommen: 1.550,00 €
- Abzüglich Haftpflichtversicherungsbeitrag: 10,00 €
- Bereinigtes Einkommen: 1.540,00 €
Bedarf des Ehemannes im Pflegeheim:
- Eigenanteil Pflegeheim (Leistungen der Pflegeversicherung bereits abgezogen) 2.300,00 €
- Barbetrag (Taschengeld): 116,64 €
- Bekleidungspauschale: 20,00 €
- Bedarf des Ehemannes: 2.436,64 €
Bedarf der Ehefrau:
- Regelsatz: 432,00 €
- Kosten für Miete: 650,00 €
- Bedarf der Ehefrau: 1.082,00 €
Dem zu Hause verbleibenden Ehepartner wird in diesem Fall neben dem sozialhilferechtlichen Bedarf noch ein sogenannter Garantiebetrag in Höhe von 43,00 € zugebilligt. Nachdem es sich hier um eine vereinfachte Darstellung handelt, wurde auf die Angabe des Rechenweges verzichtet. Vom gemeinsamen Einkommen der Ehegatten von 1.540,00 € sind nach Abzug des Bedarfs der Ehefrau 1.082,00 € und des Garantiebetrages 43,00 € für die Heimkosten einzusetzen (gerundet) 415,00 €.
Überleitung von vertraglichen und sonstigen Ansprüchen
Wenn Sie als leistungsberechtigte Person einen Anspruch gegen
einen anderen haben, so kann der Träger der Sozialhilfe
diesen Anspruch gemäß §93 Abs. 1 SGB XII bis zur Höhe seiner
Aufwendungen auf sich überleiten und in die Gläubigerposition
eintreten. Am häufigsten findet diese Vorschrift Anwendung
im Zusammenhang mit Übergabeverträgen und Schenkungen, die im Folgenden beschrieben werden.
Mit Übergabeverträgen steht oft ein sogenannter Leibgedingsvertrag (Altenteils- oder Auszugsvertrag) in Verbindung, wonach der Übergeber Anspruch auf Versorgungsleistungen (z.B. Wohnrecht, Wart und Pflege, Verköstigung, Leibrente) gegenüber dem Übernehmer hat.
Haben Sie Anspruch auf ein Leibgeding und müssen Sie aus besonderen Gründen (z.B. Heimpflegebedürftigkeit) das Grundstück auf Dauer verlassen, so gilt Folgendes:
- Während dieser Zeit müssen Sie von dem Verpflichteten für die Befreiung von den vereinbarten Leistungen (Wohnrecht, Verköstigung etc.) als Ersatz eine Geldrente (Abgeltungsbetrag) bekommen, die dem Wert der Befreiung nach billigem Ermessen entspricht (Art.18 AGBGB), wenn eine solche im Übergabevertrag nicht ausgeschlossen wurde.
- Da bei der Ermittlung des Abgeltungsbetrages zahlreiche Faktoren eine Rolle spielen, wird im Regelfall erst nach Anhörung des Verpflichteten (§24 SGB X) ein Abgeltungsbetrag festgesetzt. Für „Wart und Pflege“ wird im Allgemeinen die Hälfte des Pflegegeldes nach Pflegegrad 2 gemäß §37 SGB XI (z. Zt. 158,00 € mtl.), für die Wohnung der ortsübliche Mietwert und für Verköstigung 35 % der Regelbedarfsstufe 1 (z. Zt. 151,00 € mtl.) vom Verpflichteten gefordert.
- Soweit ein „Leibgedingsvertrag“ nicht vorliegt, sind vertragliche Leistungen, je nach Abfassung des Vertrages, ebenfalls durch eine Geldrente abzugelten.
Diese und sonstige vertragliche Ansprüche gehen Schenkungsrückforderungsansprüchen und gesetzlichen Unterhaltsansprüchen vor!
Haben Sie Vermögenswerte (z.B. Geldvermögen, Haus- und Grundbesitz oder sonstige Vermögensgegenstände) verschenkt und sind Sie innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung bedürftig geworden, haben Sie gem. §528 Abs. 1 BGB gegen den Beschenkten einen Rückforderungsanspruch in Höhe des zur Bedarfsdeckung erforderlichen Teiles der Schenkung.
Im Regelfall leitet der Sozialhilfeträger gem. §93 SGB XII diesen Anspruch auf sich über und fordert vom Beschenkten die Herausgabe der entsprechenden Beträge. Bei mehreren Schenkungen haftet der zuletzt Beschenkte vor dem früher Beschenkten.
Schenkungsrückforderungsansprüche gehen gesetzlichen Unterhaltsansprüchen vor!
Inanspruchnahme Unterhaltspflichtiger
Zum Unterhalt seiner pflegebedürftigen Angehörigen muss ab 01. Januar 2020 nur noch beitragen, wer mehr als 100.000,00 € brutto im Jahr zu versteuern hat.
Dies wurde durch das zum 01.01.2020 in Kraft getretene Angehörigenentlastungsgesetz festgelegt.
Es gilt sowohl für die Eltern pflegebedürftiger Kinder als auch für Kinder, deren Mutter und/oder Vater pflegebedürftig sind. Angehörige mit einem geringeren Jahreseinkommen als 100.000,00 € brutto, sind künftig von Unterhaltsleistungen befreit.
Diese Gesetzesänderung betrifft jedoch nicht
- Geschiedene bzw. getrennt lebende Ehegatten
- Unterhaltspflichtige Kinder mit einem Jahreseinkommen von über 100.000,00 € brutto
Pflegeversicherung
Leistungen der Pflegeversicherung werden von den gesetzlichen Pflegekassen und den privaten Pflegeversicherungen auf Antrag der pflegebedürftigen Person bzw. des Bevollmächtigten oder Betreuers erbracht.
In der gesetzlichen Pflegeversicherung sind alle Personen versichert, die gesetzlich krankenversichert sind. Wer Mitglied einer privaten Krankenkasse ist, ist bei der jeweiligen privaten Pflegeversicherung versichert.
Leistungsansprüche haben alle Versicherten, die pflegebedürftig sind. Als pflegebedürftig gelten Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung regelmäßig in erheblichem oder höherem Maße Hilfen in ihrem Alltag benötigen.
Durch eine umfassende Pflegereform erhalten seit dem 1. Januar 2017 auch kognitiv eingeschränkte Personen (z.B. Menschen, die an Demenz erkrankt sind) verbesserte Leistungen der Pflegekasse. Die bisherigen drei Pfl egestufen wurden nun in fünf Pflegegrade umgewandelt und es wurde ein neues Begutachtungssystem entwickelt.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) stellt die Pflegebedürftigkeit fest und nimmt die Einstufung in den jeweiligen Pflegegrad vor.
Mit dem neuen Pfl egebedürftigkeitsbegriff wächst die Zahl der Versicherten, die Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, da die Unterstützung deutlich früher an setzt. In den Pflegegrad 1 werden Menschen eingestuft, die noch keine erheblichen Beeinträchtigungen haben, aber schon in gewissem Maß – zumeist körperlich – eingeschränkt sind.
Die häusliche Pflege hat sowohl nach dem Sozialhilferecht (§13 SGB XII) als auch nach dem Pflegeversicherungsrecht (§3 SGB XI) Vorrang vor der stationären Pflege.
Je nach Schweregrad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad 2 bis 5) werden von der Pflegekasse als Sachleistung Pflegeeinsätze durch ambulante Pflegedienste und Sozialstationen bis zum Wert von 689,00 €, 1.298,00 €, 1.612,00 € und 1.995,00 € im Monat erbracht.
Anstelle der Sachleistung kann von der Pflegekasse ein Pflegegeld beansprucht werden. Das setzt voraus, dass die pflegebedürftige Person mit dem Pflegegeld die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je nach Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5: 316,00 €, 545,00 €, 728,00 € oder 901,00 € monatlich.
Bei Pflegegrad 1 gewährt die Pflegeversicherung Leistungen nach §28 a SGB XI.
Möglich ist auch die Kombination von Pflegesachleistung und Pflegegeld.
Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr bis zu 1.612,00 €.
Kann die häusliche Pflege vorübergehend nicht oder nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden, besteht Anspruch auf Pflege in Einrichtungen oder Tages- und Nachtpflege. Die Betreuung im Rahmen dieser teilstationären Pflege erfolgt entweder tagsüber oder während der Nacht. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung von der Wohnung zur Einrichtung und zurück.
Die Pflegekasse übernimmt die Aufwendungen der teilstationären Pflege bis zur Höhe von
- 125,00 € monatlich bei Pflegegrad 1
- 689,00 € monatlich bei Pflegegrad 2
- 1.298,00 € monatlich bei Pflegegrad 3
- 1.612,00 € monatlich bei Pflegegrad 4
- 1.995,00 € monatlich bei Pflegegrad 5
Kurzzeitpflege kommt in Betracht...
- für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung des Pflegebedürftigen oder
- in sonstigen Krisensituationen (auch bei Erkrankung, Urlaub der Pflegeperson), in denen vorübergehend häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist.
Leistungen der Kurzzeitpflege werden von der Pflegekasse pro Kalenderjahr für längstens acht Wochen und bis zu einem Wert von max. 1.612,00 € gewährt.
Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden, können sogenannte zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Anspruch nehmen. Diese sollen die Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen unterstützen, beispielsweise um eine Betreuung im Alltag sicherzustellen oder zur Unterstützung bei der hauswirtschaftlichen Versorgung oder der Organisation des Pflegealltags.
Seit Januar 2017 erhalten Pflegebedürftige aller Pflegegrade, die ambulant gepflegt werden, einen einheitlichen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125,00 € monatlich. Dieser Betrag ist zweckgebunden.
Der Entlastungsbetrag wird zusätzlich zu den sonstigen Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege gewährt, er wird mit den anderen Leistungsansprüchen also nicht verrechnet.
Für neue Wohnformen wie Senioren- oder Pflegewohngemeinschaften sieht die Pflegeversicherung ab 2017 eine Anschubfinanzierung bereits ab Pflegegrad 1 in Höhe von 2.500,00 € pro Person beziehungsweise 10.000,00 € je Wohngruppe vor.
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen (Pflegeheim, Altenpflegeheim), wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend sind.
Die Pflegekassen gewähren folgende Beträge:
- 125,00 € monatlich bei Pflegegrad 1
- 770,00 € monatlich bei Pflegegrad 2
- 1.262,00 € monatlich bei Pflegegrad 3
- 1.775,00 € monatlich bei Pflegegrad 4
- 2.005,00 € monatlich bei Pflegegrad 5
sowie in besonderen Härtefällen
Für Pflegebedürftige in besonderen Wohnformen der Behindertenhilfe, in der die Eingliederung und nicht die Pflege im Vordergrund steht, übernimmt die Pflegekasse 10% des Heimentgelts, höchstens jedoch 266,00 € monatlich.
Besteht keine Mitgliedschaft bei einer Pflegekasse oder reichen die Leistungen der Pflegeversicherung zusammen mit den Eigenmitteln nicht aus, den pflegebedingten Aufwand sowie den Lebensunterhalt sicherzustellen, können Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen werden, sofern die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierüber entscheidet der Bezirk Schwaben.
Ergänzende Hinweise
Blinden Menschen gewähren die Regionen des Zentrums Bayern Familien und Soziales im Auftrag des Freistaates Bayern Blindengeld (z. Zt. mtl. 629,00 €). Eine Einkommens- und Vermögensanrechnung erfolgt hier nicht. Bei Heimunterbringung, die ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher
Leistungsträger fi nanziert wird, wird das Blindengeld zur Hälfte anerkannt. Übernimmt der Sozialhilfeträger die Kosten der Heimunterbringung ganz oder zum Teil, wird das Blindengeld nicht als Einkommen angerechnet, der Leistungsberechtigte erhält aber auch keinen Barbetrag (Taschengeld).
Bei Kriegsbeschädigten oder Hinterbliebenen (Witwen, Waisen, Eltern) werden die vorstehenden Leistungen im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend erbracht. Es gelten dabei andere Einkommens- und Vermögensfreigrenzen. Zuständig für die Hilfe in
Alten- und Pflegeheimen ist die Kriegsopferfürsorgestelle des Bezirks.
Seit 2004 müssen auch leistungsberechtigte Personen Zuzahlungen zu den Krankenkosten bis zum Erreichen der Belastungsgrenze des §62 SGB V leisten. Diese Belastungsgrenze beträgt bei diesem Personenkreis für das Kalenderjahr 2% der Regelbedarfsstufe 1 (derzeit 103,68 € jährlich), bei chronisch
Kranken 1% (derzeit 51,84 € jährlich).
Dieser Betrag kann vom Leistungsberechtigten jeweils in einer Summe pro Kalenderjahr einmalig im Voraus an die Krankenkasse geleistet oder, soweit der Leistungsberechtigte nicht widerspricht, durch ein Darlehen des Bezirk Schwaben abgedeckt werden. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt durch Abzug gleichmäßiger Raten vom Barbetrag (Taschengeld).
Die oben verwendeten Beispiele wurden bewusst einfach gehalten und sind nicht auf jede Alternative übertragbar. Prüfungen und Berechnungen erfolgen grundsätzlich in jedem Fall individuell nach den vorliegenden Daten und Unterlagen.
Die Informationen und Berechnungen gelten vorbehaltlich aktueller Gesetzesänderungen!