BKH Günzburg: Vater oder Mutter psychisch krank: Was ist mit den Kindern?

01. April 2022: Am Bezirkskrankenhaus wird ein neues Angebot geschaffen, um ihnen gezielte Hilfe anzubieten. Die Elternsprechstunde ist ein Gemeinschaftsprojekt von KJF, Landkreis und Bezirkskliniken Schwaben
Susanne Kilian mit Florian - Foto: Georg Schalk

Susanne Kilian arbeitet gerne mit Kindern zusammen. Die BKH-Mitarbeiterin leitet FIPS, die Beratungsstelle für Familien mit einem psychisch belasteten Elternteil der Bezirkskliniken Schwaben in Günzburg. Nun engagiert sie sich bei der Elternsprechstunde, einem neuen Gemeinschaftsprojekt von KJF, Landkreis und Bezirkskliniken am BKH. Unser Archivfoto von 2015 entstand bei einem Tag der offenen Tür zum 100-jährigen Bestehen des BKH Günzburg.

Psychische Erkrankungen und Krisen betreffen das gesamte familiäre Umfeld. Um insbesondere Kinder von psychisch kranken Eltern oder Elternteilen zu unterstützen, wird am Bezirkskrankenhaus (BKH) Günzburg als neues Angebot eine Familiensprechstunde etabliert. Um hier gezielt Hilfe anzubieten, arbeiten die Günzburger Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung der Katholischen Jugendfürsorge (KJF), das Landratsamt Günzburg und die Bezirkskliniken Schwaben als Träger des BKH zusammen.

Die Idee, in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am BKH eine Außensprechstunde der Erziehungsberatung einzurichten, gibt es bereits seit ein paar Jahren. Insbesondere aus dem regionalen Netzwerk zum Thema „Kinder psychisch kranker Eltern“ wurde das Anliegen immer wieder vorgebracht, aber aufgrund fehlender Ressourcen zurückgestellt. Seit 2019 hat sich das Thema der Ressourcen insoweit verbessert, als der Landkreis sich dem Konzept der „aufsuchenden Erziehungsberatung“ verpflichtet und für diesen Arbeitsschwerpunkt eine zusätzliche halbe Stelle geschaffen hat. Genutzt werden die zusätzlichen Stunden von den Beraterinnen und Beratern, um noch niedrigschwelliger Angebote im direkten Lebensumfeld/Sozialraum von und für Familien anbieten zu können. Neben dem Ausbau von Hausbesuchen bei Klienten sind noch mehr Kooperationen mit Schulen und Kindertagestätten vorgesehen. Auch an den Familienstützpunkten des Landkreises wird sich das Engagement der Erziehungsberatung in Form von Beratungsstunden, offenen Sprechzeiten, Vorträgen und Präventionsprojekten deutlich erhöhen können.

Die Planungen zur Umsetzung sind inzwischen konkret geworden. Nach Gesprächen mit Sabine Nölke-Schaufler, Leiterin der Abteilung Jugend, Familie und Bildung des Landkreises, Prof. Dr. Thomas Becker, Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am BKH, sowie Artur Geis von der KJF kam es im Januar 2022 zu einem gemeinsamen Meeting mit Vertretern der Jugendhilfe und des Bezirkskrankenhauses. Im Februar wurde eine Konzeption erstellt, jetzt im April soll der Startschuss erfolgen. Die entsprechende Kooperationsvereinbarung haben die KJF, der Landkreis und die Bezirkskliniken Schwaben (vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Stefan Brunhuber) unterzeichnet.

Zielgruppe sind Mädchen und Buben von Eltern, die in der Klinik stationär behandelt werden und die Klärungs- oder Beratungsbedarf bei individuellen oder familienbezogenen Problemen haben. „Psychische Erkrankungen von Eltern betreffen, verändern und belasten immer das ganze familiäre System. Erkrankte und nicht erkrankte Elternteile machen sich in der Regel große Sorgen um ihre gesundheitliche Situation, aber auch um das Wohl ihrer Kinder. Die Sorge geht oft einher mit Verunsicherungen bei Erziehung und Beziehungsgestaltung, verbunden mit Schuldgefühlen“, sagt Prof. Becker. Auch die Kinder würden unter dieser Situation, die sie meist aufgrund fehlender Informationen zur Krankheit gar nicht richtig einordnen können, leiden. Mit der Elternsprechstunde soll Eltern und Kindern schon möglichst zu Beginn der Krankheit bzw. bei einem stationären Aufenthalt der Eltern eine niedrigschwellige Anlaufstelle zur Verfügung stehen.

Die Sprechstunde findet ab 28. April vorerst einmal wöchentlich, donnerstags in der Zeit von 15 bis 17 Uhr statt. Räumlich untergebracht ist sie im FIPS-Büro im ersten Obergeschoss von Haus 40 auf dem Areal des BKH Günzburg. FIPS, die Beratung für Familien mit einem psychisch belasteten Elternteil der Bezirkskliniken Schwaben, übernimmt unter Federführung von Susanne Kilian die Terminkoordinierung der Klienten für die Sprechstunde. Die Einrichtung wird sich hierzu mit den einzelnen Stationen der psychiatrischen Klinik in Verbindung setzen.

Verantwortlich für die Beratungsleistungen in der Familiensprechstunde ist die jeweilige Leitung der Günzburger Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung der KJF. Derzeit ist es der Diplom-Psychologe und psychologische Psychotherapeut Artur Geis. Die Finanzierung übernimmt der Landkreis. Die Bezirkskliniken Schwaben erheben für die Nutzung ihrer Räume keine Kosten.

Das Gesundheitsunternehmen des Bezirks hat bei der Unterstützung von Kindern in der Erwachsenenpsychiatrie reichlich Erfahrung gesammelt. Seit 2007 gibt es mit der Kindersprechstunde am BKH Augsburg eine vergleichbare Einrichtung. Sie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und ist deutschlandweit nach wie vor ziemlich einzigartig. Nun bekommt sie eine „kleine Schwester“ in Günzburg.