Neue Antikörper-Therapie bei Alzheimer-Erkrankung: BKH Günzburg ist bereit

Nach Informationen von Dr. Matthias W. Riepe, Professor für Gerontopsychiatrie an der Universität Ulm und Chefarzt der Abteilung Akutgeriatrie und Gerontopsychiatrie am Bezirkskrankenhaus (BKH) Günzburg, wird der neue Wirkstoff Lecanemab ab Herbst 2025 in den Apotheken erhältlich sein. Die Zulassung dieser Antikörper-Therapie gilt nur zur Behandlung von leichten kognitiven Beeinträchtigungen (Gedächtnis- und Denkstörungen) im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit. Die Behandlung kann nur begonnen werden, wenn die Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung gesichert ist. „Die Sicherung der Diagnose erfolgt in der Praxis durch eine Liquoruntersuchung“, sagt der erfahrene Altersmediziner. Dabei wird eine kleine Menge Nervenwasser (Liquor) aus dem Wirbelkanal entnommen. Die Untersuchung kann ambulant durchgeführt werden.
Prof. Riepe empfiehlt betroffenen und interessierten Personen, sich bereits jetzt in der Gedächtnissprechstunde des BKH Günzburg zu informieren, ob eine Behandlung für sie infrage kommt. Fällt der Startschuss für die Alzheimer-Therapie, können diese Patienten nahtlos in Behandlung kommen. „Wir sind bereit“, so Riepe.
Bisherige Alzheimer-Therapien behandeln nur Symptome der Krankheit, nicht ursächliche Prozesse im Gehirn. Das ist bei Lecanemab anders: Der Antikörper richtet sich gegen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und soll dadurch den Verlauf der Krankheit verlangsamen. „Das ist kein Wundermedikament, das die Erkrankung heilen kann. Aber es kann schlechte Stadien und Phasen hinauszögern und ist damit ein zusätzlicher Baustein, womit man für die Patienten etwas tun kann“, sagt Prof. Riepe. Der Wirkstoff sei nicht für jeden geeignet – es gibt einige Ausschlusskriterien, die vor Beginn einer Behandlung geprüft werden müssen. Da es bei der Behandlung auch zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen kann, muss eine ausführliche Diagnostik und Beratung über den Einsatz dieser Therapien erfolgen. „Aber bei uns in der Region im Einzugsgebiet unserer Klinik gibt es durchaus eine größere Zahl von Patienten, die es sich überlegen soll, eine solche Therapie zu beginnen.“
Ganz ähnlich wie Lecanemab wirkt Donanemab, ein weiterer Antikörper, der wohl in einigen Monaten verfügbar sein wird. Auch er zielt auf schädliche Proteinablagerungen im Gehirn ab, die sogenannten Amyloid-Plaques. Donanemab soll in der Lage sein, diese Ablagerungen zu entfernen und stärker wirken als Lecanemab. Der andere Antikörper, Lecanemab, soll die Entstehung der Plaques sogar verhindern. Er war im April als erstes Medikament dieser Art von der Europäischen Kommission zugelassen worden. Die Kommission folgte damit der Empfehlung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). „Wir haben also mittlerweile zwei Substanzen, bei denen eine klinische Wirkung nachgewiesen wurde und die eine patientenrelevante Besserung zeigen“, sagt der Alzheimer-Experte. Nach vielen erfolglosen Versuchen in der Vergangenheit, der Erkrankung beizukommen, sei das eine vielversprechende Basis.
Die Gedächtnissprechstunde am BKH hat laut Prof. Riepe eine hohe Expertise auf dem Gebiet der Altersmedizin. Ebenso betreiben die Bezirkskliniken Schwaben eine Gedächtnissprechstunde am Bezirkskrankenhaus Augsburg, wo die Gabe der neuen Medikamente ebenfalls möglich sein wird.
„Wir haben mindestens 250 bis 300 Patientinnen und Patienten pro Jahr hier und haben den Patienten in der hiesigen Gedächtnissprechstunde bereits seit Jahren im Rahmen von Medikamentenstudien eine Behandlung mit Antikörpern gegen die Alzheimer-Erkrankung ermöglicht, auch mit Lecanemab“, berichtet der Professor für Gerontopsychiatrie. Seit vielen Jahren gehört dieser Fachbereich der Psychiatrie zu seinem wissenschaftlichen Hauptaufgabengebiet und er hat im Laufe der Zeit auch zu der Entwicklung von Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Alzheimer-Erkrankung mitgewirkt. „Dies ist eine sehr aufregende Entwicklung und wir möchten der Bevölkerung in Schwaben hier ein Angebot machen“, sagt Prof. Alkomiet Hasan, Vorstand Krankenversorgung der Bezirkskliniken Schwaben. Offen sei jedoch weiterhin die Finanzierung dieser neuen Therapien.
Im Freistaat leiden dem bayerischen Gesundheitsministerium zufolge etwa 270.000 Menschen an einer Demenz. Tendenz steigend. Zudem sei die Dunkelziffer hoch, wissen Fachleute. Riepe stellt fest: „Alzheimer ist eine fürchterliche Erkrankung, sowohl für den Betroffenen als auch für die Angehörigen. Wie bei jeder Therapie sollte aber die Abwägung von möglichem Nutzen und möglichen Risiken im Einzelgespräch zwischen Arzt und Patient erfolgen.“
Informationen:
Betroffene Personen oder Angehörige, die eine Gedächtnisstörung feststellen, können sich im BKH Günzburg im Sekretariat von Prof. Riepe bei Iris Horny unter Telefon 08221 96-2355 informieren oder sich für eine Voruntersuchung anmelden, sofern der Hausarzt eine Überweisung wegen des Verdachts auf eine Alzheimer-Erkrankung ausgestellt hat. Patienten, die Medikamente zur Blutverdünnung einnehmen, können diese Behandlung nicht beginnen. Eine Behandlung mit ASS oder anderen sogenannten Thrombozytenaggregationshemmern ist keine Kontraindikation.